Der Artikel erschien erstmalig im SchmalspurInfo 3/2016.
Der Aufbau einer Museumsbahn
Von einer 750-mm-Werksbahn im Stahl- und Walzwerk Brandenburg wurden 1994 eine Diesellok der Bauart V10C, einige werkstypische Wagen und fünf Weichen erworben. Die Weichen fanden Verwendung für die ersten Gleisanlagen in Mesendorf. Ab März 1995 wurde mit dem Gleisbau in Richtung Klenzenhof begonnen, und am Jahresende reichte der Schienenstrang bis an die Bundesstraße heran. Für Bauzugeinsätze konnten ab 1996 eine Diesellok der Bauart Ns 3 und drei Güterwagen eingesetzt werden. (Bild 1)
Nun war in den folgenden Jahren, neben der weiteren Ausgestaltung des Museums, die Beschaffung von Gleismaterial die vordringlichste Aufgabe. Verschiedene nicht mehr genutzte Anschlussgleise von teils stillgelegten Betrieben wurden demontiert und in die Prignitz transportiert. Ende 1996 lagen die Gleise wieder bis Klenzenhof. Auf diesen sollten im Oktober 1997 – zur 100-Jahr-Feier der Prignitzer Schmalspurbahnen – wieder Züge von Mesendorf zum 1,7 km entfernten Haltepunkt Klenzenhof verkehren. Doch die behördlichen Voraussetzungen dazu konnten zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfüllt werden.
Einen ersten Eindruck vom zukünftigen Museumsbahnbetrieb erhielten die zahlreichen Besucher jedoch beim Befahren der Strecke mit zwei Gast-Schmalspurdraisinen. Im November 1997 konnte der Verein in Mildenberg eine zweite V10C-Lokomotive erwerben. Optisch aufgearbeitet steht die Lok heute als V10 103 in Lindenberg auf dem Ausstellungsgleis. Im Frühjahr 1998 wurden dann in Mesendorf die Gleisanlagen erweitert. Nach dem Einbau neuer Weichen konnten auch zwei Gleise zum Abstellen von Fahrzeugen errichtet werden. In der folgenden Zeit kam der Weiterbau der Strecke immer wieder wegen fehlenden Materials und Unterbrechung der AB-Maßnahmen ins Stocken. Das 5-jährige Bestehen des Prignitzer Kleinbahnmuseums wurde im Juni 1999 mit einem gut besuchten Fest in Lindenberg gefeiert. Die Gäste konnten sich in der zum Teil neu gestalteten bzw. ergänzten Ausstellung des Museums und bei Fahrten mit der Feldbahn von der in den letzten Jahren geleisteten Arbeit der Vereinsmitglieder überzeugen.
2000 wurde eine dritte Lokomotive der Bauart V10C erworben. Durch eine zuvor durchgeführte Hauptuntersuchung konnte die als V10 102 eingereihte Lok sofort, zusammen mit dem 1998 von der MaLoWa-Bahnwerkstatt gekauften Schüttgutwagen, im Bauzugdienst eingesetzt werden. (Bild 2)
Am 24./25. Juni wurde im Kleinbahnlokschuppen in Pritzwalk eine Sonderausstellung zum Thema „Kleinbahn – Sinnbild des technischen Fortschritts in der Prignitz“ präsentiert.
Von August 2000 bis April 2001 wurde in Berlin-Friedrichshagen ein drei Kilometer langes Anschlussgleis abgebaut. Die dort geborgenen Schienen wurden dringend für den Weiterbau auf dem Abschnitt Klenzenhof – Brünkendorf benötigt. (Bild 3)
Mit der Abnahme der Strecke Mesendorf – Brünkendorf durch die Landesbahnaufsicht am 14.11.2001 konnte die wichtigste Hürde zur Aufnahme des Museumsbahnbetriebes genommen werden. Im Frühjahr 2002 war es endlich so weit: Alle notwendigen Genehmigungen für den Betrieb als Museumseisenbahn lagen vor!
Eröffnung der Museumsbahn
Am 09.05.2002 konnte der erste festlich geschmückte Zug unter großer Anteilnahme der Prignitzer Bevölkerung und vieler Eisenbahnfreunde auf die Reise bis nach Brünkendorf gehen. (Bild 4)
Zehn Jahre lang wurde auf dieses Ereignis hingearbeitet. Dank der Unterstützung durch die IG Preßnitztalbahn konnte eine sächsische IV K (99 542), wie sie einst auch in der Prignitz verkehrte, für vier Tage den fast 4000 Fahrgästen präsentiert werden. (Bild 5)
Im August 2002 wurde der 1927 in Werdau gebaute vierachsige sächsische Länderbahnpackwagen 974-359 in die Prignitz überführt. Der von der IG Preßnitztalbahn übernommene Wagen bekam eine optische Auffrischung und wird heute als Verkaufswagen genutzt. Zu diesem Zeitpunkt lagen hinter Brünkendorf bereits weitere 950 Meter Gleis in Richtung Vettin. Nachdem der vom Förderverein „Wilder Robert“ geliehene vierachsige Personenwagen 970-277 im November 2002 die Prignitz wieder verließ, konnte im März 2003 der modernisierte vierachsige Personenwagen 970-546 von der SOEG längerfristig angemietet werden. Erstmals übernahm nun der Kleinbahnverein im Frühjahr 2003 die AB-Maßnahme Streckenbau in eigener Trägerschaft. In der Himmelfahrtswoche 2003 kehrte die Dampflok 99 4511 der IG Preßnitztalbahn erstmals nach über 30 Jahren wieder in die Prignitz zurück. Das „Meppel“, wie diese Lok liebevoll von ihrem Personal genannt wird, schlossen die Pollo-Eisenbahner gleich in ihr Herz. Während des viertägigen Einsatzes konnten über 2500 Fahrgäste auf der Museumsbahn befördert werden. (Bild 6)
Zur Mitfinanzierung der AB-Maßnahme wurde im August 2003 die Spendenaktion „Kies für Kies“ initiiert. Dank der großen Resonanz gelang es dem Verein, die geforderten Sachleistungen für den Streckenbau zur Verfügung zu stellen. Auf dem Bahnhof Brünkendorf wurde von August bis Oktober 2003 das Bahnhofsgebäude als Rastplatz eines Europäischen Fernradweges wiedererrichtet. (Bild 10)
Zum Jahresende 2003 lagen die Gleise dann bereits bis 700 Meter vor Vettin. Mit der behördlichen Abnahme des Streckenabschnittes von Brünkendorf nach Vettin am 16.04.2004 verlängerte sich die Museumsbahn nun auf eine Gesamtlänge von 7,8 km. Am 14. Mai 2004 zog Lok 20 des Vereins „Mansfelder Bergwerksbahn“, beschildert als 99 1401, den Eröffnungszug nach Vettin (Bild 15);
eine bauartgleiche Lokomotive verkehrte von 1948 bis 1967 beim Pollo. Erstmals konnte an diesem Tag auch der vierachsige Pollo-Personenwagen 970-864 in den Zugpark eingestellt werden. Zuvor restaurierten ABM-Kräfte der Pritzwalker Bildungsgesellschaft gemeinsam mit Lehrlingen in 19-monatiger Bauzeit diesen im Original erhalten gebliebenen Personenwagen mustergültig. (Bild 7)
Seit 2003 veranstaltet der Kleinbahnverein am Freitag nach Himmelfahrt für die Eisenbahnfreunde einen Güterzugfahr- und Fototag. Bei diesen Fahrten konnte im Mai 2004 erstmals der Rollwagen 97-09-13, beladen mit dem offenen Regelspurgüterwagen 41-38-17, eingesetzt werden. (Bild 8)
Im September 2004 wurde mit den Arbeiten zur Streckenverlängerung nach Lindenberg begonnen. In einer ersten Maßnahme wurde das zum größten Teil nicht mehr vorhandene Planum neu eingemessen und vom Wildbewuchs befreit; ein zwischenzeitlich erheblich verbreiterter Meliorationsgraben musste verrohrt werden, um die Trasse aufschütten zu können. Die größte Hürde zum Bau dieses 1,2 km langen Streckenstücks war aber die Überquerung der Kreisstraße. Durch Ausbaumaßnahmen war die Fahrbahn im Kreuzungsbereich um ca. 1,5 m angehoben worden, so dass die Bahntrasse entsprechend angeglichen werden musste.
Traditionell konnte zur Himmelfahrtswoche 2005 wieder eine Dampflok in der Prignitz eingesetzt werden. Die 99 561 des Fördervereins „Wilder Robert“ aus Mügeln bespannte vom 30.04.2005 bis zum 08.05.2005 die Züge auf der Museumsbahn. (Bild 11)
Dabei konnte am Güterzugfahrtag der beim Berufsfortbildungswerk in Pritzwalk fertiggestellte zweiachsige offene Güterwagen 97-53-61 erstmals in die Züge eingestellt werden. (Bild 9)
Im November 2005 übernahm der Verein von der MaLoWa in Klostermannsfeld zwei vierachsige Werkswagen aus der Produktion der Waggonfabrik Weimar. Wagen dieser Bauart waren ab 1949 beim Pollo in verschiedenen Ausführungen im Einsatz. Eines der Untergestelle wurde zum Bau eines prignitztypischen Stangenwagens, wie sie früher zum Transport der Kuppelstangen für Rollfahrzeuge genutzt wurden, umgebaut. Aus dem zweiten Wagen ist ein Flachwagen der Bauart RRw entstanden, wie er einst auch auf den Prignitzer Netz unterwegs war.
Zum Ende des Jahres 2005 wurde in Mesendorf mit dem Aufbau eines Lokschuppens begonnen, welcher vorerst als Unterstand errichtet wurde. Dort können nun einige Fahrzeuge witterungsgeschützt abgestellt werden. (Bild 12)
Ab Juni 2006 musste der Zugverkehr auf dem Streckenabschnitt Brünkendorf – Vettin wegen der beginnenden Bauarbeiten zur Straßenquerung vorerst eingestellt werden. Die Gleisanlagen mit der Umfahrung in Vettin wurden zurückgebaut, und nachdem am 20.07.2006 der Bahnübergang fertiggestellt war, konnte mit der Aufschüttung zum Höhenausgleich an das Straßengleis begonnen werden. Gleichzeitig gingen die Gleisbauarbeiten aus Richtung Lindenberg weiter. In Lindenberg war im April bereits der Bahnhof, welcher leider noch nicht wieder auf seinem angestammten Areal errichtet werden konnte, fertiggestellt worden. Der neue Bahnhof liegt wenige Meter vor dem ehemaligen Gelände an der Einfahrt der Pritzwalker Strecke.
Am 11.01.2007 erfolgte dann der offizielle Lückenschluss und der erste Bauzug erreichte Lindenberg.
Am 12.05.2007 wurde dann unter dem Motto „POLLO dampft nach Lindenberg“ mit der feierlichen Eröffnung der Streckenabschnitt Vettin – Lindenberg offiziell dem Betrieb übergeben. (Bilder 13 und 14)
Doch auch wenn seit Mai 2007 die Züge der Museumsbahn ihr Ziel in Lindenberg erreichen, ist die Arbeit noch lange nicht vorbei. Die neun Kilometer lange Strecke muss unterhalten werden und die Instandhaltung der über 20 Vereinsfahrzeuge wird auch weiterhin viel Geld, Mühe und Fleiß kosten. Sollten die Fahrgastzahlen weiter steigen und auch die Spendenbereitschaft bei den Pollo-Freunden weiterhin so anhalten, wird es vielleicht möglich sein, die Dampflok 99 4644 in ferner Zukunft wieder betriebsfähig aufzuarbeiten. Damit hätte die Museumseisenbahn ein noch attraktiveres Zugpferd. Bis dahin aber freut sich der Verein auf Ihren nächsten Besuch bei der Pollo-Museumsbahn in der Prignitz.
Vielen Dank für Ihr Interesse.
Autoren: Detlef Radke, Ronald Meissner, Lutz Friedrich
Bearbeitung: Lutz Friedrich
Quelle: alle Fotos Archiv PKML e.V.